Wenn bei Neubauten oder Umbauten neue lärmempfindliche Räume entstehen oder bestehende Räume einer lärmempfindlicheren Nutzung zugeführt werden (Umnutzungen wie z.B. Lager zu Büro oder Büro zu Wohnen), müssen gemäss Art. 31 der Lärmschutz-Verordnung die Immissionsgrenzwerte (IGW) bei jedem Fenster dieser Räume eingehalten werden. Für ein Baugesuch in einem lärmbelasteten Gebiet benötigt die Bauherrschaft daher ein Lärmgutachten zur genaueren Ermittlung und Beurteilung der Aussenlärmbelastung. Damit werden die Lärmimmissionen durch bestehende ortsfeste Anlagen wie z.B. Verkehrs-, Industrie- oder Gewerbeanlagen ermittelt und festgehalten.
Werden im Rahmen dieses Gutachtens IGW-Überschreitungen festgestellt, sind von Seiten des Architekten bzw. der Bauherrschaft Projektanpassungen bzw. Massnahmen vorzusehen: Mittels Anordnung und Dimensionierung der Baukörper, Überarbeitung der Grundrisse, um lärmempfindliche Räume an der lärmabgewandten Gebäudeseite anzuordnen, oder durch bauliche oder gestalterische Abschirmungsmassnahmen (z.B. Nebengebäude, Lärmschutzwände, Balkone, Loggien etc.) muss sichergestellt werden, dass die Grenzwerte an allen Fenstern lärmempfindlicher Räume eingehalten werden. Dies gilt nach aktueller Rechtsprechung auch für Fenster, welche sich gar nicht öffnen lassen, aber über einen Öffnungsmechanismus verfügen (z.B. für die Reinigung). Schallschutzfenster oder Komfortlüftungen sind dabei keine Massnahmen zur IGW-Einhaltung, da der massgebende Beurteilungspunkt in der Mitte des offenen Fensters liegt. Eine Übersicht der möglichen Lärmschutzmassnahmen ist der Vollzugshilfe 2.0 (Version 2016) der Vereinigung kantonaler Lärmschutzfachleute, Cercle Bruit (anbei verlinkt) zu entnehmen
Da diese Massnahmen relativ tief in ein Bauprojekt eingreifen können, ist es besser, deren Notwendigkeit möglichst früh in der Planung zu prüfen. Gemäss Lärmschutz-Verordnung müssen nämlich alle Möglichkeiten zur IGW-Einhaltung ausgeschöpft werden, bevor die Behörde auf ein allfälliges Ausnahmegesuch eintritt. Je früher und je stärker der Architekt bzw. Bauherr versucht, alle Möglichkeiten für Massnahmen zur IGW-Einhaltung auszuschöpfen und je besser er begründen kann, weshalb bestimmte Optimierungen nicht getroffen werden können, desto besser können diese Optimierungsanstrengungen und Begründungen im Baugesuch bzw. Lärmgutachten dokumentiert und von der Baubewilligungsbehörde nachvollzogen werden. Damit steigen letztlich die Chancen, dass eine Ausnahmebewilligung erteilt wird.
Wird eine Ausnahmebewilligung beantragt, muss die kommunale Baubewilligungsbehörde anhand der Baugesuchs-Unterlagen eine auf den Einzelfall abgestimmte umfassende Interessenabwägung durchführen, in der sie einen nachvollziehbar begründeten Entscheid fällt, ob die Interessen am Bauvorhaben das Interesse am Lärmschutz überwiegen. Die Schweizerische Vereinigung für Landesplanung VLP-ASPAN hat 2009 im Auftrag des Bundesamtes für Umwelt BAFU ein entsprechendes Rechtsgutachten zum Thema „Bauen im lärmbelasteten Gebiet – Interessenabwägung nach Artikel 31 Absatz 2 LSV“ publiziert (Raum & Umwelt Nr. 4/09, anbei verlinkt), wo die verschiedenen Interessen und deren Gewichtung erläutert werden. Zusammen mit diesem Entscheid wird das Baugesuch bei der zuständigen kantonalen Fachstelle eingereicht, deren Zustimmung zur Erteilung einer Ausnahmebewilligung im Rahmen des ordentlichen Baubewilligungsverfahrens erforderlich ist.
Eine Ausnahmebewilligung bleibt also die Ausnahme. Um Ihrem Bauvorhaben daher möglichst gute Karten aus Sicht des Lärms zu geben, muss diese Thematik möglichst früh angegangen werden. Zögern Sie nicht, uns für Bauvorhaben in lärmbelasteten Gebieten zu kontaktieren. Wir helfen gerne weiter und erörtern mit Ihnen Ihre Möglichkeiten.